Spatenstich: Die Oase wird um einen Neubau erweitert

Jetzt ist alles in trockenen Tüchern. Esther Theumert, Gründerin und Leiterin des Velberter Vereins „Oase“, der das „Haus des Verstehens“ betreibt, kann es kaum glauben. Der Traum, die Wohngemeinschaft an der Heidestraße in Velbert um einen Neubau zu erweitern, wird am 5. Dezember durch den „offiziellen Spatenstich“, Wirklichkeit. Für alle Frauen, die dort wohnen ist dies ein wichtiges Zeichen der Hoffnung, denn sie alle waren psychischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt.

Das Baugrundstück ist gerodet, die Bagger können kommen. Esther Theumert strahlt über das ganze Gesicht. Sie schaut aus dem Wohnzimmer in den Garten „ihrer“ Villa. Dort, im hinteren Teil des Gartens wird er stehen, der Neubau der „Frauen-Oase“. Vier Apartments, eine Mitarbeiterwohnung und ein Veranstaltungsraum werden hier auf 260 Quadratmetern Gesamtfläche Platz in ihm finden. Ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung zahlreicher engagierter Sponsoren und viele helfende Hände. Esther Theumert ist einmal mehr glücklich, denn wieder wurde sie, wie sie es selbst formuliert, „in ihrem Glauben an Gott bestätigt“. Vor genau zehn Jahren begann alles mit einem „Frühstücksangebot für Frauen“ in schwierigen Lebenssituationen, erinnert sich die quirlige Frau mit der enorm positiven Ausstrahlung. Das war die Geburtsstunde der „Frauen-Oase – eine Initiative von Frauen für Frauen.“ Was in beengten Verhältnissen in einer Privatwohnung begann, hat sich längst zu einem professionellen Hilfsprojekt, mit eigenen Räumlichkeiten, Wohnangeboten und unterstützender Begleitung gemausert. „Alles was seit dem geschah, ist für mich ein Wunder Gottes und ein Geschenk. Es ist nicht mein Verdienst, dass wir heute an diesem Punkt angekommen sind. Es ist Gottes Wille“, sinniert die tief gläubige Frau. Auch Andrea Kocherscheidt, Co-Leiterin des Hauses, ist es wichtig, die religiöse Ausrichtung des Vereins zu verdeutlichen. Beide Frauen betonen jedoch, dass dies für die hilfesuchenden Frauen nur ein Angebot sei. „Sie haben bei uns die Möglichkeit den Weg in ein eigenes, selbstbestimmtes Leben mit der Hilfe Gottes zu finden. Wir ermutigen sie hierzu, aber es ist nur ein Angebot. Nicht mehr. Die Frauen sind in unserem Haus zu nichts verpflichtet“, so Kocherscheidt. Um so mehr freut es Esther Theumert, dass nun, mit dem Beginn des Neubaus, ein weiterer wichtiger Schritt für die Zukunft der „Frauen-Oase“ unternommen wird. Denn seit dem Umzug in die Villa war schnell klar: „Die Not ist groß. Wir müssen oft schnell handeln und Frauen, teils mit ihren Kindern, einen Schutzraum bieten. Das kann nur vorübergehend für ein paar Nächte sein, aber auch für Wochen, Monate oder Jahre“, so Theumert. „Zur Zeit leben sechs Frauen in der Villa. Sie alle haben schlimme Dinge erlebt und sind oft traumatisiert. Uns ist es wichtig, ihnen ein Zuhause zu geben, ohne zeitliches Limit. Dafür brauchen wir Wohnraum.“ Esther Theumert erzählt von seelischen und körperlichen Verletzungen, von sexuellem Missbrauch und unüberbrückbaren familiären Problemen. Nicht selten ende das in einem Selbstmordversuch. Ihr großes Mitgefühl kommt nicht von ungefähr. Sie weiß wovon sie spricht. Sie selbst wurde von ihrem Vater, einem Pastor, missbraucht. „Damals habe ich Gott gehasst“ so die 65-Jährige. Doch als sie nach ihrem Selbstmordversuch erwacht, weiß sie: „Gott wollte nicht, dass ich sterbe.“ Seit diesem Zeitpunkt geht sie ihren Weg mit Gott. „Unser Team hat immer ein offenes Ohr und wir sind alle füreinander da, ohne viel Bürokratie. Gemeinsam frühstücken, Sport, Seelsorge, Gartenarbeit, Kochen, Basteln – das alles hilft den Frauen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben. Neben den Wohnangeboten gibt es viele offene Angebote in der Oase. Sie werden bald viel Platz im Veranstaltungsraum des Neubaus finden. „Wir hoffen so sehr, dass alle Frauen, die nicht mehr wissen wie es weiter gehen soll, den Mut haben sich bei uns zu melden. Denn es gibt Hoffnung, sie sind nicht allein.“ Für Bewohnerin Claudia ist die „Oase“ längst ein Zuhause geworden, „ihre Familie“. Die 41-Jährige wohnt bereits seit sieben Jahren in der Hilfseinrichtung. Sich „helfen lassen“ sei wichtig auf dem Weg in die Selbständigkeit. Denn diese strebe sie nach wie vor an. Ihre 57-jährige Mitbewohnerin ist erst seit zwei Monaten in der Oase zuhause und kann sich noch gut an ihre Notsituation erinnern. „Ich habe nachts mit Esther telefoniert. Ich wusste nicht wohin. Aus eigener Kraft hätte ich mein Leben nicht mehr geschafft. Hier bin ich aufgefangen worden.“ Auch die 17-jährige ehemalige Praktikantin Josie, findet gerne den Weg in die Wohngemeinschaft „auf ein Tässchen Kaffe“ zurück. Viele ehemaligen Bewohnerinnen lassen den Kontakt nicht abbrechen. Auch in ihrem neuen Leben bleibt die Oase ein Ankerpunkt.

Quelle: www.lokalkompass.de

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